Commercial Real Estate - Krise mit Ansage
Warum die Transformation von Bürogebäuden hin zu Wohngebäuden ein Märchen ist
Zunächst einmal zur Klärung, was sind CRE eigentlich? Die Abkürzung steht für Commercial Real Estate, also kommerziell genutzte Immobilien. Wir wollen uns speziell den Büroflächen in den USA zuwenden und aufzeigen, welches Problem derzeit vorliegt und wie sich dieses seit dem vergangenen Jahr ausdehnt.
Im Folgenden werde ich eine Person für sich und seine Situation sprechen lassen:
Ken McElroy, MC Properties
Ken startete kurz nach der Finanzkrise sein Unternehmen MC Properties, inzwischen mit Fokus auf Mehrfamilienhaus Immobilien, die er mit Hilfe kanadischer Banken finanzierte, denn damals hätte ihm keine US Bank überhaupt einen Kredit eingeräumt. Die Eigenkapitalquote war schlicht zu hoch, das Vertrauen der Banken in Ken sehr gering.
Ken startete mit $140 Tsd und bringt es heute zu einem stattlichen Unternehmen mit 10.000 Mietern und einem Vermögen von $2 Mrd. Wichtig zu erwähnen ist, dass Ken, vor seinem Einstieg in das Immobiliengeschäft seine Nase zunächst sehr tief in den Beruf des Hausverwalters steckte. Dies brachte ihm später entscheidende Vorteile, wenn es um die Akquirierung von Immobilien ging. Er wusste, wo der Teufel im Detail steckte, konnte so Kosten oder anders gesagt Risiken gegen Chancen abwägen und gewann daher sehr häufig. Das, so sagt er heute, hat ihm großen Erfolg beschert.
Ken war kürzlich zu Gast bei Rebel Capitalist und erzählte aus dem Nähkästchen.
Zur allgemein gehaltenen Frage, wie es derzeit läuft, antwortete Ken: “Wir sind vor allem im Bereich der Mehrfamilienhäuser engagiert und beobachten derzeit die Lage und warten auf den passenden Moment."
Notleidende Mieter
Auf die eigentlich auch eher beiläufige, oberflächlich gemeinte Frage, wie Ken die Situation seiner Mieter einschätzt, attestiert er:
“Es ist hart, es bricht mir das Herz. Mietobjekte sind meiner Auffassung nach Orte, um Vermögen für einen späteren Hauskauf aufzubauen. So sollte doch eigentlich das System laufen. Was derzeit aber geschieht ist, dass Menschen ihre Kreditkarten überziehen und alle möglichen Firmen darauf hoffen und beten, dass die fälligen Rechnungen bezahlt werden.”
“Es gibt Firmen, die mir die Miete bezahlen, und dann meinen Mietern einen Sofortkredit gewähren, damit diese die Miete begleichen können. Das habe ich in meiner gesamten Laufbahn noch nicht erlebt (also seit 2009), dass es Firmen zwischen mir und meinem Mieter gibt, die dessen Miete zahlen.”
Natürlich hat Ken seine Mieter im Vorfeld des Einzugs finanziell beleuchtet. Er kennt deren Beruf, Einkommen und Kreditwürdigkeit. Die Situation hat sich eben rasch und stark verändert.
Nochmal zur Verdeutlichung der Lage. Es gibt Mieter, welche die beispielsweise $1500 Miete im Monat nicht zahlen können und daher Sofortkredite aufnehmen, da diese Kreditgeber wöchentliche Zahlungen in Höhe von $450 gestatten. Aufgrund der extrem hohen Zinsen (zwischen 20-25%) entstehen dem Mieter so Kosten in Höhe von $1800 je Monat. Dieses Szenario nennt man klassisch die Schuldenfalle. Im selben Stadium, in welchem sich die Fed derzeit befindet.
CRE am Abgrund
Nun lenken wir unseren Blick auf das eigentliche Hauptthema: Commercial Real Estates.
Konkret geht es um ein Objekt in Phoenix, Arizona
117.000 SF = 10.870 qm Bürofläche
6,43 acres = 26.000 qm Grundstück
4 Stockwerke
Verkaufspreis = $ 7 Mio.
Leerstand = 100%
Der Wert dieser Büroimmobilie lag vor fünf Jahren bei sage und schreibe $ 30 Mio. Gekauft wurde sie für schlanke $20 Mio.
Wir reden also jetzt bereits von einem Wertverlust von $13 Mio. Möglicherweise ist eine Regionalbank der Besitzer, Ken geht aber nicht näher darauf ein.
Nachdem viele Firmen während der Pandemie 2020-2022 ihre Mitarbeiter ins Home Office schickten und diese bis heute nicht zurückkehren, ist der Grund für die Nutzung großer Bürokomplexe nicht mehr gegeben.
Dieses Beispiel steht nicht alleine im Raum. Ken verweist darauf, dass dieses Gebäude für sehr viele Fälle steht und es deshalb als Beispiel heranzieht.
Nun haben einige die Idee, diese leerstehenden Bürogebäude in Mehrfamilienhäuser umzuwandeln. Wir erinnern uns, Ken ist genau dieser Investor. Spezialisiert auf Mehrfamilienhäuser. Er kennt die Marktpreise und taxiert 1 Acre (4000qm) auf derzeit $300-400 Tsd.
Das genannte Objekt kostet allerdings immer noch $1 Mio je Acre. “Dafür würde ich nicht mal meinen Finger bewegen”, meint er.
Warum? Er könnte auf dieser Fläche maximal 100 Wohnungen integrieren. Er könnte aus Erfahrung heraus jedoch 200 Wohnungen an gleicher, freier Stelle schaffen.
Das Problem ist eben, dass es kein Wohnhaus ist. Es ist ein Bürogebäude, in welchem sich Gemeinschaftsbäder in der Nähe der Aufzüge befinden. Die meisten Fenster sind nicht zu öffnen, manchmal haben bestimmte Gebäudeseiten gar keine Fenster. Einen Pool gibt es auch nicht. Wir erinnern uns kurz daran, dass das Gebäude in Phoenix, Arizona steht. Menschen wünschen sich im heißen Arizona Sommer einen Pool.
Alles in allem kommt er zu dem Ergebnis, dass eine Transformation in ein Wohngebäude extrem kostspielig wäre und er es lieber abreißen würde. Aber da fährt ihm der Acre Preis von $1 Mio im Vergleich zu seinen geschätzten $300-400 Tsd in die Parade. Er zog für sich als Fazit, dass er dieses Gebäude aufgrund aller Unwägbarkeiten nicht mal geschenkt annehmen würde.
Shadow Inventory
Es gibt viele Firmen, die trotz Auszug oder Insolvenz die Mieten für leerstehende Bürokomplexe weiterhin aufgrund bestehender Verträge zahlen müssen bzw. müssten.
Die Büros sind faktisch leer, auf dem Papier sind sie jedoch vermietet, was wiederum wichtig für die Banken ist, die jene Gebäude noch nicht abwerten müssen. Dieser Zeitkorridor schließt sich aber von Monat zu Monat. Immer mehr Verträge laufen aus, die Offenbarung des Leerstands schreitet voran. Abschreibungen stehen ins Haus. Im Falle des Bürokomplexes in Phoenix geht es ums Ganze, um 100% Abschreibung.
Ken spricht von vielen Millionen von Squarefoot (11sf = 1qm), die als Shadow Inventory angesehen werden können.
Unrealisierte Verluste
Man ist sich in den USA weitgehend einig, die Krise ist da, brodelt aber noch unter der Oberfläche.
Landesweit gehen wie in Ken´s Beispiel die Bewertungen für CRE´s teils massiv zurück.
Man kann sogar von Abwertungen in Höhe von -75% lesen.
“The commercial real estate debt market is poised for a record-breaking event this year as $929 billion in loans are set to mature, with an additional $1 trillion anticipated to come due between 2025 and 2026. These maturities represent 42% of the sector's total outstanding debt.”
“Der gewerbliche Immobilienkredite Markt steht dieses Jahr vor einem Rekordereignis, da Kredite in Höhe von 929 Milliarden Dollar fällig werden, mit einer weiteren Billion US Dollar, die zwischen 2025 und 2026 fällig werden sollen. Diese Fälligkeiten stellen 42% der gesamten ausstehenden Schulden des Sektors dar.”
Diese Fakten lassen aufhorchen. Es bedeutet, dass diese Kredite refinanziert werden müssen und somit eine Neubewertung der Assets erfolgen muss. Immer mehr CRE Immobilien werden offenbaren, dass sie massiv an Wert eingebüßt haben.
Die kommerziellen Banken halten weiterhin den größten Anteil (38 Prozent) der 4,7 Billionen Dollar an ausstehenden gewerblichen Hypothekenschulden in Höhe von 1,8 Billionen Dollar. Aber der Gesamtbetrag der Banken ist aufgeteilt auf
Wohnungen (ungefähr 34 Prozent des Gesamtbetrags)
Büros (19 Prozent)
Einzelhandel (9 Prozent)
Industrie (9 Prozent)
und eine Reihe weiterer Immobilientypen, darunter Unterkünfte, Gesundheitswesen, Selbstlagerung, Rechenzentren etc.
Agenturen und GSE-Portfolios (Fanny Mae & Freddie Mac) sowie hypothekenbesicherte Wertpapiere (MBS) sind die zweitgrößten Inhaber von gewerblichen Hypothekenschulden mit 1,0 Billionen Dollar (21 Prozent des Gesamtbetrags).
Lebensversicherungsunternehmen halten 733 Milliarden Dollar (16 Prozent)
CMBS (Commercial Mortgage-Backed Securities) CDO “Collateralized Debt Obligation”, auf Deutsch etwa "besicherte Schuldverschreibung") und andere ABS (Asset Backed Securities) halten 593 Milliarden Dollar (13 Prozent).
“Aber die Fed rettet ja wieder mit Zinssenkungen”
Ich bin mir da nicht so sicher, ob die Zinssenkungen
A: überhaupt kommen und
B: diese für Entlastung sorgen werden
Denn eins ist doch sicher, bereits nach 2008 vergaben Banken kaum noch Kredite und sorgten in der Folge für den Credit Crunch. Damals hätte Ken laut eigener Aussage mindestens 50% Eigenkapital mitbringen müssen, deshalb wich er damals auf Kanada aus.
Auch dieses Mal wird es meiner Meinung nach nicht anders ablaufen. Die Zinsen werden zwar gesenkt, doch die von Banken vergebene Kreditsumme dürfte sich aufgrund der Angst vor Kreditausfällen kaum erhöhen.
Ich rechne mit einem weiteren Sterben regionaler Banken, die stark im CRE Geschäft eingebunden sind.
Weitere Zentralisierung steht an, weil die großen Namen JP Morgan und Co. zugreifen dürften. Ich kann mir vorstellen, dass man sich dort bereits die Hände reibt.
Also: Es ist ziemlich egal, was die Federal Reserve macht, die Neubewertung der Immobilien wird kommen und ihre Spuren hinterlassen. Wie tief die Furchen sein werden, kann noch keiner absehen.
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