Wer mir auf Twitter folgt weiß, dass ich seit dem 16. Juni 2022 die zum Verkauf stehenden Häuser auf
https://www.immobilienscout24.de/
tracke.
Mir stellte sich damals, zum Beginn der Zinswende in den USA die Frage, ob auch der deutsche Immobilienmarkt im Zuge dieser Entscheidung beeinträchtigt würde.
Meine Hauptannahme war die Zunahme des Angebots zu Verkauf stehender Häuser, ein Rückgang der Hauspreise sowie die Verschärfung des Mietmarkts, da Menschen, die unter normalen Bedingungen ein Haus kaufen würden auf den Mietmarkt gedrängt werden.
Ich entschied mich, einige Wochen nach der ersten Zinserhöhung der Federal Reserve auf damals 50 bps (Basispunkte), die zum Verkauf angebotenen Häuser zu verfolgen, da ich besonders in diesem Segment der Immobilien das Potential einer deutlich wahrnehmbaren Veränderung witterte.
Verlauf der Zinserhöhungen durch die Federal Reserve
Wer ein paar Jahre dabei ist weiß, dass die Europäische Zentralbank wie eine Art Schoßhund der Federal Reserve agiert und deren Zinsentscheidung oft nachahmt.
So geschah es auch wenig überraschend am 27.07.2022, als die EZB den Leitzins auf 50 bps (Basispunkte) anhob und ihn in der Folge auf 4,50% hochschraubte.
Verlauf der Zinserhöhungen durch die Europäische Zentralbank, EZB
Die Annahme lautete damals, dass sich aufgrund der Anhebung der Zinsen der Hauskauf für viele Menschen schlicht nicht mehr lohnen wird und somit ein mindestens stagnierender Häusermarkt erwartbar ist.
Durch weitere, rasche Zinserhöhungen wurde die Welle schließlich losgetreten.
Viele Eigentümer nahmen bereits die erste Zinsanhebung zum Anlass, die Peaks Hauspreise zu nutzen um ihre Immobilie mit Profit abzustoßen.
Das Problem: Ein immer größer werdendes Angebot traf auf immer weniger Kaufinteressenten. Das drückte auf die Preise.
ANALYSE IMMOSCOUT24
Betrachten wir die einzelnen elf Städte, die ich seit dem 16. Juni 2022 selbst tracke. Aufgrund der Entwicklung, die seit ein paar Wochen Einzug hält, sortiere ich die Städte geografisch nach West und Ost.
Das Hausangebot wuchs in Düsseldorf seit Juli 2022 um 114%.
Derzeit sehen wir Zeichen einer leichten Konsolidierung.
Mit Frankfurt findet sich die robusteste Stadt der Analyse ein. Zwar erreichte das Angebot an Häusern im Oktober 2023 seinen Peak, es korrigierte seitdem aber durchaus stark. Ich vermute, dass einige Marktteilnehmer hier günstig zugriffen. Jene Investoren, die liquide sind und sich das aktuelle Zinsniveau leisten können. Es bleibt abzuwarten, ob das Angebot bald wieder zunimmt, da derzeit mehr als fraglich ist, ob wir bereits im Juni oder überhaupt in 2024 eine Zinswende erleben werden.
In Hamburg sehen wir nach stetem Anstieg des Angebots ebenfalls eine Zunahme der Nachfrage. Allerdings ist es möglich, dass gerade ein Boden ausgebildet wird und das Angebot in Zukunft wieder den Weg in Richtung Norden antritt.
Die Domstadt Köln folgt dem Trend der Konsolidierung und verharrt auf einem hohen Angebotsniveau. Die Anzahl der zum Verkauf stehenden Häuser verdoppelte sich seit Aufzeichnungsbeginn fast.
Die Bayerische Landeshauptstadt München rüstet sich seit einigen Wochen ebenfalls für einen erneuten Anstieg im Angebot. Insgesamt wuchs die Zahl der Häuser auf der Online Plattform um kräftige +173%
Freiburg. Das Städtchen im Breisgau habe ich ausgewählt, weil es über eine vergleichsweise junge Bevölkerung verfügt (Studentenstadt), deren Demografie weitaus “gesünder” ist, als der Rest der Republik.
https://ugeo.urbistat.com/AdminStat/de/de/demografia/eta/freiburg-im-breisgau%2c-stadtkreis/8311/3
https://www.freiburg.de/pb/207904.html
Das Angebot an verfügbaren Häusern hat sich jedoch verdreifacht. Auch zuletzt stiegen die Zahlen wieder leicht an. Meine dritte Vermutung, dass es zu einem sehr engen Mietmarkt kommt, bestätigt sich auch hier. Heute stehen 92 Häusern gerade einmal 99 Mietwohnungen gegenüber.
Freiburg belegt von den 11 analysierten Städten den 10. Rang.
Getoppt wird dies nur noch von Regensburg. In der oberpfälzischen Hauptstadt vervierfachte sich das Angebot seit Start meiner Analyse. Auch hier handelt es sich um eine Studentenstadt, in der ich übrigens selbst 3 Jahre verbracht habe, um meine Ausbildung zu absolvieren. Die Zahlen deuten zumindest darauf hin, dass sowohl die Altersgruppe 25 - 35 Jahre versucht, ihr Eigentum abzustoßen, aber auch Investoren auf ihren leerstehenden Immobilien sitzen bleiben. So kommt es zur paradoxen Situation, dass den derzeit 130 zum Verkauf stehenden Häuser nur 92 Mietwohnungen gegenüberstehen.
https://rechtaufstadt-regensburg.de/leerstandsmelder/
Diese eher dem linken Spektrum zugehörige Seite hat nun einen “Leerstandsmelder” eingerichtet, um leerstehende Häuser anzuprangern. Deren Eigentümer werden aufgefordert, die Immobilien dem Markt zu übergeben. Mein Take ist, dass dies bereits passiert, die Eigentümer ihre Häuser jedoch nicht los werden.
Da hilft nur Enteignung! Nein, Spaß, kleiner sozialistischer Scherz am Rande ;)
“Leerstandskarte” der Seite https://umap.openstreetmap.de/de/map/leerstandsmelder-regensburg_54376#13/49.0174/12.1286
rot = Wohnen, 135 Objekte
blau = Gewerbe, 18 Objekte
Angebot auf Immoscout24.de
In Stuttgart findet nach starkem Anstieg in 2022 eine Konsolidierung auf diesem hohen Niveau statt. Ich kann dazu kaum Gründe liefern, da die Nachrichtenlage eher unübersichtlich ist.
Nun wenden wir uns dem Osten Deutschlands zu…
…und beginnen in der Hauptstadt Berlin
Von einer wie im Süden/Westen einsetzenden Konsolidierung kann hier keine Rede sein. Das Volumen angebotener Häuser stieg seit 2022 kontinuierlich an und erreichte in dieser Woche sogar ein neues Hoch.
Die Zahl der Objekte stieg von 1155 Häusern am 16.06.2022 auf heute 2776 Objekte an.
Nach wie vor sind dies für mich keine Anzeichen für einen Markt, der steigende Hauspreise rechtfertigt. Völlig anders sieht es da auf dem Berliner Mietmarkt aus.
Die Zahl der angebotenen Eigentumswohnungen erhöhte sich im Vergleich zum Vorjahr um 1969 auf insgesamt 25.598 Inserate. Dem gegenüber standen nur rund 24.000 Inserate für Mietwohnungen, das waren rund 2000 Annoncen weniger als im Jahr davor. Während die Angebotskaufpreise für Eigentumswohnungen um 1,2 Prozent leicht sanken, stiegen die mittleren Angebotsmieten der offerierten Mietwohnungen stark an um 21,2%
Ein klares Signal an die Regierenden, dass eine Mietpreisbremse Nonsens ist und am Ende die Situation verschärft.
Nein, es ist keine Kopie Berlins, sondern die thüringische Landeshauptstadt Erfurt
Hier steht das Angebot kurz vor einer Verdreifachung in weniger als 2 Jahren
Die Bevölkerungszahl konnte sich in den vergangenen 30 Jahren erholen und steht mit 215.520 Einwohnern auf einem neuen Höchststand seit Datenerfassung im Jahr 1994.
https://www.erfurt.de/ef/de/rathaus/daten/bevoelkerung/stadt/index.html
Trotz dieser positiven Bevölkerungsentwicklung werden paradoxerweise immer mehr Häuser auf den Markt geschwemmt. Derzeit stehen den 263 Häusern (Rekordwert seit Jun 2022) lediglich 110 Mietwohnungen gegenüber (immoscout24)
Auch die sächsische 616.000 Einwohner Stadt Leipzig markiert in dieser Woche ein neues Hoch. Insgesamt hat sich das Angebot mehr als verdoppelt. Speziell Städte im Osten Deutschlands verzeichnen in den letzten Wochen stärkere Anstiege des Häuserangebots.
Ganz frisch reingekommen sind die Zinsen auf Hauskredite:
3,61% fixiert auf 10 Jahre. Das sind im Vergleich zum November 2023 immerhin 31 Basispunkte weniger. Dennoch wäre ich äußerst vorsichtig, jetzt einen Kredit aufzunehmen.
Stelle dir die folgenden Fragen:
Rezession in Deutschland, ist mein Job wirklich sicher?
Wenn immer mehr Menschen verkaufen wollen, aber nicht können, sinken die Preise dann nicht weiter?
Was lassen sich die aktuelle und die zukünfitge Regierung noch alles einfallen?
Stichwort Lastenausgleich, Steuern etc.
Wie entwickeln sich die Kosten für Bau, Instandhaltung?
Der von Fed Chair J. Powell erwartete “Bruch” wird kommen. Die Frage ist nur wann. Nach dem Zusammenbruch von Lehman Brothers in 2008 vergingen weitere 3 Jahre, bis das Tief bei den Preisen erreicht wurde. Sollten die Zinsen aufgrund eines “Bruchs” im System schlagartig fallen, ist das meiner Auffassung nach noch NICHT der Moment, in den Markt einzusteigen. “Kaufe dann, wenn Blut in den Straßen fließt” lautet ein Sprichwort von Baron Rothschild
FAZIT
Alle Städte erlebten Zuwächse im zwei- bis dreistelligen Prozentbereich.
Die These, dass Häuser durch erhöhte Zinsen nur schwer finanzierbar werden und sich dadurch ihr Angebot erhöht, hat sich klar bestätigt. Investoren warfen ihre Immobilien nach der Zinsanhebung auf den Markt, aber auch Privatleute entschieden sich für einen Verkauf am Hochpunkt oder hängen bei inzwischen fallenden Preisen fest.
Da aufgrund hoher Bau- und Finanzierungskosten, sowie politischen Interventionen und Regulierungen keine neuen Käufer auf den Markt kamen, kumulierte sich das Angebot stetig, nur geringe Abflüsse, mit der Ausnahme von Frankfurt, sind erkennbar.
Der Mietmarkt verschärfte sich in den meisten Städten wie projeziert, in Regensburg gibt es sogar mehr Häuser zu kaufen als Wohnungen zu mieten.
Der Immobilienmarkt ist inzwischen keiner mehr. Staatliche Eingriffe und zentrale Geldpolitik verhindern einen gesunden, auf Angebot und Nachfrage reagierenden Markt. Die Probleme sind inzwischen deutlich sichtbar.
Wenn dir mein Tracking geholfen hat, die aktuelle Lage am Häusermarkt in Deutschland besser zu verstehen, freue ich mich riesig, wenn du mir ein paar Sats auf
elbitcoinambassador@getalby.com
zukommen lässt.
Die Sammlung & Aufbereitung der Daten war/ist super aufwendig. -> Vielen, vielen Dank für die Anstrengungen & Transparenz!
Lieber Robert.Du hast mal wieder sehr intensiv recherchiert und die Daten klar und für den Laien verständlich aufbereitet.Substack scheint Dir gut zu bekommen.Bitte weiter so.Ich lese Deine Threads jedesmal mit Inbrunst.Kompliment 👏👏👏